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Die "DAKAR"-Rallye für Einsteiger: Gibraltar-Race 2018 Teil 2

Jens Behling • 16. Dezember 2018

Teil 2: Navigation

Navigation Gibraltar Race

Noch in der 13. Etappe fragte sich der ein oder andere Teilnehmer, wie es die Führenden schafften, teilweise mit nur ein- oder zweistelligen Strafpunkten im Etappenziel anzukommen. Mir hatte das Navigationstraining in der Vorbereitung sehr geholfen.
Neben dem Tempo kam es bei dieser Rallye ganz besonders auf Navigation und Planung an. Entscheidend war nicht, schneller zu fahren als alle Anderen, sondern die vorgegebenen Verbindungsetappen und die Zeitvorgaben bei den Wertungsprüfungen genau einzuhalten. Einzige Ausnahme war der Prolog, bei dem rein die Geschwindigkeit auf einem abgesteckten Kurs zählte.
Im Prolog legte der Forerunner, Manuel Lucchese, die Zeit vor. Jede Sekunde, die man langsamer war, ergab einen Strafpunkt. Mit 21 Strafpunkten landete ich immerhin auf Platz 11.
Das folgende Video gibt einen Eindruck von diesem Anfang der Rallye.

Die Wertung gemäß Reglement

Abgesehen vom Prolog wurden die Strafpunkte folgendermaßen (bezüglich der Navigation, das gesamte Reglement ist umfangreicher) vergeben:

  • Verspäteter Start in die Tagesetappe: 60 Punkte je Minute.
  • Start in eine Wertungsprüfung außerhalb des vorgegebenen Zeitfensters: 1 Punkt je Sekunde.
  • Abweichung von der Sollzeit in den Wertungsprüfungen: 1 Punkt je Sekunde.
  • Abweichen von der vorgegebenen Strecke der Verbindungsetappen: 30 Punkte je Kilometer.
  • Auslassen eines Wegpunktes in den Wertungsprüfungen: 300 Punkte.
  • Auslassen des Start- oder Zielpunktes der Wertungsprüfungen: 200 Punkte je Kilometer der Wertungsprüfung.
Genauigkeit ist also der Schlüssel zum Erfolg.

Ablauf einer Tagesetappe

Im Briefing am Vorabend bekamen alle Fahrer die Rahmeninformationen für den folgenden Tag. Dazu gehörten die Anzahl der Verbindungsetappen und Wertungsprüfungen mit Streckenlängen, die Zeitvorgaben (Zeitfenster) für den Start in die Wertungsprüfungen und die späteste Ankunft im Biwak, gerechnet ab jeweiliger Startzeit des Fahrers in Minuten und die Sollzeiten für die Wertungsprüfungen.
Ich habe all diese Daten mitgeschrieben und dann auf Klebeband, dass ich im Sichtbereich auf den Tank geklebt habe, notiert.

Unmittelbar vor dem Start bekam jeder Fahrer sein mit den Tracks der Verbindungsetappen und den Waypoints der Wertungsprüfungen gefüttertes GPS zusammen mit einem GPS-Logger vom Veranstalter ausgehändigt. In Reihenfolge des Rankings wurden die Fahrer aus dem Startpavillion im Minutenabstand gestartet. Der eigentliche Startpunkt der Tagesetappe lag allerdings wenige hundert Meter vom Pavillion entfernt und war im GPS angegeben. Den Weg zu diesem Startpunkt nutzte ich, um ohne Zeitdruck die Tracks der Verbindungsetappen auf der Karte im GPS zu laden und die Wegpunkte der ersten Wertungsprüfungen in einen Luftlinientrack zu reihen, um die Navigation in den Wertungsprüfungen vorzubereiten.

Nach Abschluss der Vorbereitungen legte ich meine Startzeit X auf eine "runde" Uhrzeit, z.B. 07:15 Uhr, fest und notierte sie auf dem Klebeband, um während der Tagesetappe die Sollzeiten einfacher berechnen zu können. Zu dieser Zeit überquerte ich dann den Startpunkt. Ab jetzt läuft die Uhr!

Je nach Länge der Verbindungsetappen wurde ein Zeitfenster für den Start in die Wertungsprüfungen vorgegeben. In der Regel wurde dazu eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 Km/h auf den Verbindungsetappen zugrunde gelegt. Dieses Zeitfenster wurde im Laufe des Fahrtages größer. Dies möchte ich an folgendem Beispiel darstellen:

  • 1. Verbindungsetappe: 20 Km
  • Start in die erste Wertungsprüfung: X + 20 Minuten bis X + 30 Minuten
  • 1. Wertungsprüfung: 50 Km, Zeitvorgabe 53 Minuten.
  • 2. Verbindungsetappe: 45 Km
  • Start in die zweite Wertungsprüfung: X + 118 Minuten bis X + 138 Minuten
  • 2. Wertungsprüfung ...
  • ...
  • Späteste Ankunftszeit im Biwak: X + 600 Minuten.
So gliederten sich die Tagesetappen in meist 4 bis 6 Wertungsprüfungen und dementsprechend viele Verbindungsetappen bei einer Gesamtdistanz von ca. 450 Km bis 650 Km pro Tag.

Je nach Streckenführung der Verbindungsetappen musste man also ordentlich Gas geben, um nicht schon auf den Verbindungsetappen Strafpunkte zu kassieren. Zeitverluste in einer Wertungsprüfung, z.B. durch Bergung des Fahrzeuges oder Reparaturen nach einem Sturz, wirken sich so auch auf den restlichen Tagesverlauf aus und Strafpunkte können sich schnell summieren.

Die Wertungsprüfungen

Im Unterschied zu den Verbindungsetappen, auf denen man den im GPS vorgegebenen Track nachfahren muss, waren bei den Wertungsprüfungen nur Waypoints vorgegeben.Die längsten Wertungsprüfungen waren bis zu 100 Km lang, die kürzeste 7 Km.Je nach Länge und Geländeprofil waren es bis zu 40 Waypoints, die in der vorgegebenen Reihenfolge angefahren werden mussten. Den Weg zu diesen Waypoints musste man sich selbst suchen. Wer nun glaubt, es sei leichter, nach GPS zu navigieren, als nach Roadbook, der irrt - im wahrsten Sinne des Wortes.

Im folgenden Bild ist ein Auszug aus einer Tagesetappe dargestellt. Der Punkt rechts außen SS 02 WP 11 / 97min ist der Endpunkt der 2. Special Stage (Wertungsprüfung). Sie hatte insgesamt 11 Waypoints, die Zeitvorgabe waren 97 Minuten. Die hellblaue Linie ist die Verbindungsetappe, diesem Track muss man folgen. Der Punkt SS 03 WP 01:kms 19 / WP 06 ist der Startpunkt zur 3. Special Stage. Darin ist die Länge mit 19 Kilometern und die Zahl der Waypoints, insgesamt 6, angegeben. Der Punkt links außen, SS 03 WP 06 / 35min markiert wieder das Ziel der 3. Special Stage mit der Vorgabezeit 35 Minuten. Ab hier folgt man wieder der hellblauen Linie auf der nächsten Verbindungsetappe.

Das erzeugen einer Route aus den Waypoints, der man dann schlicht folgt, funktioniert auf Schotter- und Erdwegen bzw. Singletrails nicht. Die meisten Waypoints lagen an Punkten, zu denen das GPS auf den vom Veranstalter bereitgestellten OSM-Karten keinen "Weg" findet. Daher habe ich eine Luftlinienroute aus den Waypoints erzeugt, um wenigstens die grobe Richtung zum nächsten Punkt stets im Blick zu haben. Und dann muss man sich seinen Weg suchen. Nicht immer war klar, welchen Weg der Veranstalter bei der Erstellung im Kopf hatte, was regelmäßig zu "try and error" führte.
Die Startzeit der Wertungsprüfung beginnt automatisch, wenn man sich in einem Radius von 15 m um den Startpunkt begibt. Ich bin also mit langsamer Fahrt auf den Startpunkt zugerollt, die Distanz zum Startpunkt auf dem GPS im Auge. Sobald ich mich im Radius befand, habe ich die Stoppuhr gestartet. Gleichzeitig habe ich den Kilometerzähler meines ICO genullt, um die noch verbleibende Entfernung zum Ziel abschätzen zu können. Mit den bereits zurückgelegten Kilometern und der verstrichenen Zeit konnte ich so immer abschätzen, ob ich in der Sollzeit liege. Und dann Gaaaaaas ...

Bei Annäherung an den Zielpunkt war das Timing entscheidend. War man zu langsam - kein Problem, einfach durchfahren und auf der Stoppuhr schauen, wieviel Strafpunkte man kassiert hat. War man zu schnell - rechtzeitig anhalten, bevor man auf 15 Meter an den Zielpunkt heranfährt. Mit Blick auf die Stoppuhr dann möglichst auf die Sekunde genau den Zielpunkt anfahren.

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Bester Laune rolle ich als erster Fahrer zum Start der 10. Etappe in Barbastro, Spanien. Nach heißen Tagen mit über 40°C in Südfrankreich ist die Temperatur wieder angenehmer geworden. Die Etappe ist ungewohnt kurz, nur 375 Km. Davon 185 Km in sechs Wertungsprüfungen offroad auf abwechslungsreichen und interessanten Strecken mit viel Anspruch in der Navigation. Meine gute Laune hat einen Grund: Seit 5 Etappen liege ich in Führung. Mit 2485 Strafpunkten habe ich 2208 Punkte Vorsprung auf den zweitplatzierten Allen Alistair mit 4693 Strafpunkten. Und es sind nur noch 4 Tagesetappen bis zum Ziel in Fisterra. Allen Alistair kenne ich von der Gibraltar Race 2018. Dieses Jahr hat er die KTM 690 gegen eine BMW HP2 Enduro getauscht und er kann damit ausgezeichnet umgehen, was er durch seine Führung in den ersten 4 Tagesetappen bewiesen hat. Neben ihm sind viele Fahrer aus den letzten Jahren am Start, aber auch viele neue Namen, die für Überraschungen gut sein können. Zu den Bekannten zählen Mark Kinnard - Sieger des Gibraltar Race 2017, der von seiner KTM 690 auf eine EXC500 Rally gewechselt hat. Bob Coerse - seine KTM 660 Rally Replica, mit der er an der "Paris-Dakar-Rallye" 2007 und der Transorientalerallye 2008 teilgenommen hat, steht in seinem Wohnzimmer. Dieses Jahr ist er auf einer Husqvarna 501 Rally am Start. Renato Zocchi - ebenfalls ein "Dakar-Rallye" erfahrener Pilot treibt wieder einen Honda X-Adv durch Europa und Dave Ouwehand - im letzten Jahr 2. der Klasse 1 - ist wieder auf seiner BMW R1200 GS Rally unterwegs. Neben vielen weiteren wiederholt am Gibraltar Race Teilnehmenden sind aber auch neue Gesichter mit bekannten Namen und viel Erfahrung in der Startaufstellung. Darunter zum Beispiel Ugo Filosa, der in der 2-Zylinderklasse mit großem Erfolg an verschiedenen Rallyes teilgenommen hat, und Mirco Bettini, Reise- und Rallyeerfahren in Europa, Afrika und Südamerika. Kaum wahrgenommen wurde allerdings einer der größten Favoriten, der vornehm zurückhaltende Edwin Straver - Sieger der MaleMoto-Klasse der "Dakar-Rallye" 2019! Mit dementsprechendem Respekt aber auch einer großen Portion Vorfreude brach ich am 19. Juni mit meiner wieder voll beladenen HPN BMW R100 GS Rallyesport auf zum Startort Danzig. Wie ich reisten einige wenige der insgesamt im Ranking geführten 75 Teilnehmer aus 18 Nationen - von Island bis Australien - ebenfalls auf Achse an. Der größte Teil der Fahrer stützte sich auf professionell ausgesattete Rallyeteams ab.
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Von der selbst umgebauten R80 GS Basic zur HPN Rallyesport. Nach meinem Einstieg in den Sport in Bechthal stand das 2-Tage Enduro jedes Jahr fest in meinem Terminkalender. Dazu kamen ADAC-Enduro-Cup Läufe in Gerstetten, Amtzell, Frickenhausen und Reutlingen, ein SÜMA-Cup Lauf in Emmingen und die Teilnahmen am 24h Endurance Day in 2004, 2005 und 2006. Meine gute Beulenpest-Kuh - den Spitznahmen bekam sie aufgrund des aufgeblähten Lacks am Tank - trug mich erfolgreich in das Finale der BMW GS-Challenge 2008, durch zahlreiche Urlaubsländer und mehrere Enduro-Trainings, die ich mit Eric gemeinsam veranstaltete. Und dabei besiegelte sich auch ihr Schicksal, zumindest bis heute. In einer etwas zu tiefen Schlammpfütze hatte sie Schlamm gezogen. Wodurch auch immer, denn der Luftfilter und die Vergaser waren sauber. Nach der Bergung ging vor Ort nur eines: Kerzen herausschrauben, den Schlamm mit dem Anlasser herausblasen und mit viel Kriechöl nachspülen. Ohne Fahrzeug ging es nicht und ich hatte auch keine Alternative. Es musste ohne weitere Zerlege- und Reinigungsarbeiten weitergehen. Dass der Schlamm und das Kriechöl dem Motor nicht gut tun, war klar. Und viele hunderte Kilometer später während der Heimfahrt auf der Autobahn kam, was kommen musste. Die Kurbelwelle ist gebrochen, der gesamte Rumpfmotor war zerstört. Und so verweilt sie bis heute in Einzelteilen im Keller und wartet auf die Wiederauferstehung. Mit dem während zweier Auslandseinsätze gesparten Geld konnte ich 2009 schließlich das Motorrad kaufen, dass - wie es Markus Theobald in Bechthal einmal zu mir sagte - für genau so Typen wie mich gebaut wurde. Eine BMW HP2 Enduro. Dieses Motorrad hatte nicht nur deutlich mehr Motorleistung, es hatte auch ein zeitgemäßes Fahrwerk und deutlich geringeres Gewicht. Meine Offroad-Geschichte auf BMW Boxer konnte ich also fortschreiben. Die HP2 ist ein tolles Motorrad. Für schweres Gelände in dieser Gewichtsklasse aus meiner Sicht ultimativ. Für Langstrecken- und Urlaubsfahrten bekam sie den größeren Tank von HPN. Ansonsten war nicht viel zu verändern. Das Klappern der Gabel verschwand irgendwann und das Luftfederbein war on- und vor allem offroad genial! Es sprach so feinfühlig an, dass das zum endurofahren übermäßige Leistungsangebot des 1200er Boxers auf jedem Untergrund umgestetzt werden konnte. Erst nach einem Bruch des Federbeines nach immerhin 100.000 Km musste ich es gegen ein Öhlins Federbein tauschen, da es das Luftfederbein als Ersatzteil nicht mehr gab.
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Welche Leidenschaften und Träume habe ich, wie haben sie sich entwickelt und wie sind Träume in Erfüllung gegangen.
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