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Die "DAKAR"-Rallye für Einsteiger: Gibraltar-Race 2018 Teil 1

Jens Behling • 10. Dezember 2018

Teil 1: Von der Idee bis zur konkreten Vorbereitung

Gibraltar Race 2018 HPN Rallyesport

Viele Dinge stellt man sich lange vor. Und kann sich doch nicht vorstellen, dass sie einmal Wahrheit werden.
So ging es mir mit der Teilnahme an einer großen Langstreckenrallye.

Im Sommer 2017 wies mich Eric, mein langjähriger Freund, Mentor und Enduro-Partner, auf das Gibraltar-Race hin, das 2016 zum ersten Mal stattgefunden hatte. Eine Raid-Rallye für Amateure, über 16 Tage und 8.500 Km durch halb Europa. Ich hatte mir mal kurz das Video von der ersten Durchführung auf Youtube angeschaut, aber eine solche Rallye war für mich zu dem Zeitpunkt noch unvorstellbar und so fern ab meiner Realität. Ich hatte sie daher auch schnell wieder verdrängt.

Im September 2017 nahmen Eric, Uli und ich wiedereinmal an der Hardalpitour Extreme teil. Auf dem großen Parkplatz in Sanremo schauten wir uns vor dem Start die zahlreichen Enduros und Rallyemotorräder an, als mir eine KTM mit einem Startnummernaufkleber des Gibraltar-Race auffiel. Ich war wieder neugierig geworden, da dieses Motorrad und damit auch diese Rallye buchstäblich "greifbar" waren. Während der folgenden beiden Fahrtage und -nächte ging mir die Idee, endlich einmal eine Rallye zu fahren, nicht mehr aus dem Kopf. Bewegt von den letzten 900 Km über größtenteils geschotterte Alpenpässe und voller Euphorie fasste ich auf der Heimfahrt von der Hardalpitour den Entschluss:
Ich melde mich beim Gibraltar-Race an!
Damit war der wichtigste Schritt gemacht.

Was kostet eigentlich so eine Rallye?

Meine erste Kalkulation umfasste das Nenngeld, Übernachtungen, Spritkosten und einen Aufschlag für "Sonstiges" - 5.500 bis 6.000 € sollten reichen, dachte ich. Eric, der schon Erfahrung im Rallyesport hatte, wies mich darauf hin, dass so eine Langstreckenrallye ohne Support kaum Aussicht auf Erfolg hat. Schließlich muss sich ja Jemand um die Vorbereitungen im Biwak, um den Service am Motorrad und um den abgekämpften Fahrer kümmern... also verdoppeln sich die Kosten meiner ersten Kalkulation locker.

11 bis 12 tsd Euro? Geht nicht! Kann ich mir auf keinen Fall leisten!
Wochenlang kreisten meine Gedanken darum, ich wollte diesen Traum aber nicht aufgeben.
Das Video vom Gibraltar-Race 2017 gab mir wieder Mut. Dominique Durussel, ein Schweizer, wurde zu meiner Inspiration. Er hatte den gleichen Traum wie ich - und hat es einfach gemacht! 2017 ist er auf einer alten Honda XR 400 bei der - wie er es nannte - "Dakar in Europa" gestartet. Ohne Support, auf Achse angereist und schließlich auf dem 5. Gesamtrang in Gibraltar angekommen. Seine authentische Art, dieses Erlebnis zu beschreiben, hat mich begeistert. Und überzeugt, dass es auch so geht.

Also hielt ich an meiner ersten Kalkulation fest.
Wie bei den meisten Projekten sollte am Ende auch dieses ca. 30% mehr kosten.

Die Vorbereitungen

Wie komme ich zum Start? Und wie wieder nach Hause?
Was brauche ich an Bekleidung, Ausrüstung, Material und wie zum Teufel nehme ich das alles mit?
Was erwartet mich während der Rallye? Wie organisiere ich mich im Biwak?
Was muss ich trainieren? Körper, Geist und Navigation?

Für An- und Abreise kam allein schon aus Kostengründen von Anfang an nur eine Variante in Frage: Mein Motorrad. Damit waren die Rahmenbedingungen gesetzt. Das Motorrad muss durchhalten. Ich muss durchhalten. Kein Risiko während der Fahrt, ankommen ist das Ziel- und natürlich Spaß haben.

Meine Erfahrungen bezüglich Bekleidung, Ausrüstung und Material beschränkten sich auf Motorradreisen und Endurofahrten.
Was zieht man bei einer Tour an, wenn man Temperaturen von 0°C bis +40°C zu erwarten hat und keinen Transportraum? Meine Wahl fiel auf die Adventure Rallye Jacke und die DAKAR-Hosevon KLIM. Die Jacke ist eine "all in one"-Lösung, wasserdicht, ausreichend warm und trotzdem sehr gut belüftet, integrierte Protektoren, Taschen und Camelback. Bei der Hose habe ich bequemen Sitz und Belüftung vor Wasserdichtigkeit gestellt. Solange der Oberkörper trocken bleibt, können die Beine auch mal nass werden.
Alle weiteren Klamotten beschränkte ich auf das absolute Minimum. Ein Wechsel-T-Shirt, eine Freizeithose, Unterwäsche und Socken müssen für 3 Wochen ausreichen.

Bei den Ersatzteilen ging ich auf Nummer Sicher. Von Spiegeln über Bremsflüssigkeitsbehälter, Ersatzhebeln für Kupplung und Bremse, Bowdenzüge, Rotor und Gleichrichter für die Lichtmaschine bis hin zu 4L Motoröl, Ölfilter, Bremsflüssigkeit, Dichtungen, Vergasermembranen, Ventildeckeln, eine Kardanwelle, Schläuche und vielen weiteren Teilen und Schrauben war alles dabei. Und natürlich Reifen. 3 Sätze Pirelli Scorpion Rally hatte ich für die Gesamtdistanz von 12.000 Km kalkuliert.
Meine gut sortierte Werkzeug-Gürteltasche habe ich um lange Montiereisen, Luftpumpe und CO²-Kartuschen ergänzt.

Damit war der Platz auf dem Motorrad weitestgehend ausgeschöpft. Auf ein Zelt musste ich verzichten, Schlafsack und Iso-Matte habe ich zur Sicherheit noch in die Koffer gequetscht.

Ohne Zelt war nun auch klar, dass ich statt im Biwak im Hotel übernachten muss. Ein Assistance-Anbieter aus England hatte ein Hotelpaket im Angebot. Das hat mir viel Aufwand bei den Buchungen erspart, stellte sich aber aufgrund der teilweise weiten Entfernungen der Hotels zum Biwakplatz als nur bedingt optimal dar.

Für ein ausgiebiges körperliches Training hatte ich wenig Zeit, meine sicherlich nicht ganz schlechte Grundfitness war ausreichend. Leidensfähig bin auch auch. Blieb nur noch die Unsicherheit, was mich bei der Navigation erwartet.
Der Veranstalter bot dazu ein Navigationstraining in Pinerolo, Italien, an. Beginnend bei den Grundlagen der GPS-Technik wurde dabei das Reglement bezüglich der Navigation, die Bereitstellung der Navi-Daten und der Ablauf der Stages erklärt. Abschluss des Trainings war eine "Stage" mit 3 Verbindungsetappen und 2 Wertungsprüfungen in der näheren Umgebung von Pinerolo. Dieses Training war für mich sehr lehrreich und verschaffte mir ein Gefühl von Sicherheit.

Zu guter letzt stand noch der Umbau auf die geschweißte Schwinge, 18" Hinterrad und Einzelsitzbank bei HPN an, den ich gleich mit einer Getriebeüberholung kombinierte und so auch noch Kardanwelle, Kupplung und Hinterachsgetriebe durchgecheckt bekommen habe.

So konnte es nun losgehen.

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Bester Laune rolle ich als erster Fahrer zum Start der 10. Etappe in Barbastro, Spanien. Nach heißen Tagen mit über 40°C in Südfrankreich ist die Temperatur wieder angenehmer geworden. Die Etappe ist ungewohnt kurz, nur 375 Km. Davon 185 Km in sechs Wertungsprüfungen offroad auf abwechslungsreichen und interessanten Strecken mit viel Anspruch in der Navigation. Meine gute Laune hat einen Grund: Seit 5 Etappen liege ich in Führung. Mit 2485 Strafpunkten habe ich 2208 Punkte Vorsprung auf den zweitplatzierten Allen Alistair mit 4693 Strafpunkten. Und es sind nur noch 4 Tagesetappen bis zum Ziel in Fisterra. Allen Alistair kenne ich von der Gibraltar Race 2018. Dieses Jahr hat er die KTM 690 gegen eine BMW HP2 Enduro getauscht und er kann damit ausgezeichnet umgehen, was er durch seine Führung in den ersten 4 Tagesetappen bewiesen hat. Neben ihm sind viele Fahrer aus den letzten Jahren am Start, aber auch viele neue Namen, die für Überraschungen gut sein können. Zu den Bekannten zählen Mark Kinnard - Sieger des Gibraltar Race 2017, der von seiner KTM 690 auf eine EXC500 Rally gewechselt hat. Bob Coerse - seine KTM 660 Rally Replica, mit der er an der "Paris-Dakar-Rallye" 2007 und der Transorientalerallye 2008 teilgenommen hat, steht in seinem Wohnzimmer. Dieses Jahr ist er auf einer Husqvarna 501 Rally am Start. Renato Zocchi - ebenfalls ein "Dakar-Rallye" erfahrener Pilot treibt wieder einen Honda X-Adv durch Europa und Dave Ouwehand - im letzten Jahr 2. der Klasse 1 - ist wieder auf seiner BMW R1200 GS Rally unterwegs. Neben vielen weiteren wiederholt am Gibraltar Race Teilnehmenden sind aber auch neue Gesichter mit bekannten Namen und viel Erfahrung in der Startaufstellung. Darunter zum Beispiel Ugo Filosa, der in der 2-Zylinderklasse mit großem Erfolg an verschiedenen Rallyes teilgenommen hat, und Mirco Bettini, Reise- und Rallyeerfahren in Europa, Afrika und Südamerika. Kaum wahrgenommen wurde allerdings einer der größten Favoriten, der vornehm zurückhaltende Edwin Straver - Sieger der MaleMoto-Klasse der "Dakar-Rallye" 2019! Mit dementsprechendem Respekt aber auch einer großen Portion Vorfreude brach ich am 19. Juni mit meiner wieder voll beladenen HPN BMW R100 GS Rallyesport auf zum Startort Danzig. Wie ich reisten einige wenige der insgesamt im Ranking geführten 75 Teilnehmer aus 18 Nationen - von Island bis Australien - ebenfalls auf Achse an. Der größte Teil der Fahrer stützte sich auf professionell ausgesattete Rallyeteams ab.
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Von der selbst umgebauten R80 GS Basic zur HPN Rallyesport. Nach meinem Einstieg in den Sport in Bechthal stand das 2-Tage Enduro jedes Jahr fest in meinem Terminkalender. Dazu kamen ADAC-Enduro-Cup Läufe in Gerstetten, Amtzell, Frickenhausen und Reutlingen, ein SÜMA-Cup Lauf in Emmingen und die Teilnahmen am 24h Endurance Day in 2004, 2005 und 2006. Meine gute Beulenpest-Kuh - den Spitznahmen bekam sie aufgrund des aufgeblähten Lacks am Tank - trug mich erfolgreich in das Finale der BMW GS-Challenge 2008, durch zahlreiche Urlaubsländer und mehrere Enduro-Trainings, die ich mit Eric gemeinsam veranstaltete. Und dabei besiegelte sich auch ihr Schicksal, zumindest bis heute. In einer etwas zu tiefen Schlammpfütze hatte sie Schlamm gezogen. Wodurch auch immer, denn der Luftfilter und die Vergaser waren sauber. Nach der Bergung ging vor Ort nur eines: Kerzen herausschrauben, den Schlamm mit dem Anlasser herausblasen und mit viel Kriechöl nachspülen. Ohne Fahrzeug ging es nicht und ich hatte auch keine Alternative. Es musste ohne weitere Zerlege- und Reinigungsarbeiten weitergehen. Dass der Schlamm und das Kriechöl dem Motor nicht gut tun, war klar. Und viele hunderte Kilometer später während der Heimfahrt auf der Autobahn kam, was kommen musste. Die Kurbelwelle ist gebrochen, der gesamte Rumpfmotor war zerstört. Und so verweilt sie bis heute in Einzelteilen im Keller und wartet auf die Wiederauferstehung. Mit dem während zweier Auslandseinsätze gesparten Geld konnte ich 2009 schließlich das Motorrad kaufen, dass - wie es Markus Theobald in Bechthal einmal zu mir sagte - für genau so Typen wie mich gebaut wurde. Eine BMW HP2 Enduro. Dieses Motorrad hatte nicht nur deutlich mehr Motorleistung, es hatte auch ein zeitgemäßes Fahrwerk und deutlich geringeres Gewicht. Meine Offroad-Geschichte auf BMW Boxer konnte ich also fortschreiben. Die HP2 ist ein tolles Motorrad. Für schweres Gelände in dieser Gewichtsklasse aus meiner Sicht ultimativ. Für Langstrecken- und Urlaubsfahrten bekam sie den größeren Tank von HPN. Ansonsten war nicht viel zu verändern. Das Klappern der Gabel verschwand irgendwann und das Luftfederbein war on- und vor allem offroad genial! Es sprach so feinfühlig an, dass das zum endurofahren übermäßige Leistungsangebot des 1200er Boxers auf jedem Untergrund umgestetzt werden konnte. Erst nach einem Bruch des Federbeines nach immerhin 100.000 Km musste ich es gegen ein Öhlins Federbein tauschen, da es das Luftfederbein als Ersatzteil nicht mehr gab.
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Welche Leidenschaften und Träume habe ich, wie haben sie sich entwickelt und wie sind Träume in Erfüllung gegangen.
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